P. Moraw (Hg.): Raumerfassung und Raumbewusstsein im späteren Mittelalte

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Titel
Raumerfassung und Raumbewusstsein im späteren Mittelalter.


Herausgeber
Moraw, Peter
Reihe
Vorträge und Forschungen 49
Erschienen
Stuttgart 2002: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
302 S., 18 Abb.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Eberl Immo

Der Herausgeber umschreibt den Inhalt des Bandes mit Begegnung von Geschichte und Geographie im Angesicht des spätmittelalterlichen, lateinischen Europa». Dieses heute aktuelle Thema war in Mitteleuropa aufgrund der Herrschaft Hitlers nach 1945 über Jahrzehnte hinweg sehr distanziert behandelt worden. Der von Anfang an für den Band geplante europäische Ansatz ist von der Mitte des Kontinents her konzipiert worden. In insgesamt neun Beiträgen wird die Thematik näher behandelt. Der Beitrag von Anna-Dorothea von den Brincken Descriptio terrarum: Zur Repräsentation von bewohntem Raum im späteren deutschen Mittelalter leitet mit der Darstellung der Entwicklung vom 12. bis zum 15. Jahrhundert den Band ein. Götz-Rüdiger Tewes stellt die päpstliche Kurie und ihren orbis christianus vor der Reformation im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert vor. Er zeigt dabei die sich wandelnden Interessen und das Raumverständnis in der päpstlichen Kurie. Es ist aufschlussreich, dass eine Verbindung zwischen dem Papst und den Mitgliedern des orbis christianus nur dann zustande kam, wenn die letzteren sich an den erstgenannten wandten. Falls sie dieses nicht taten, blieben sie eigentlich ausserhalb des orbis christianus. Hans-Joachim Schmidt behandelt die von Tewes dargestellten Entwicklungen durch seinen Beitrag «Raumkonzeption und geographische Ordnung kirchlicher Institutionen im 13. Jahrhundert» in ähnlicher Weise mit breiterem Ansatz. Er weist auf die verschiedenen räumlich fundierten Sozialbindungen der Menschen hin, die diesen in der Positionierung die Möglichkeit gab, sich Anweisungen zu entziehen. Jürgen Miethke verdeutlicht mit seinem Beitrag «Raumerfassung und Raumbewusstsein auf den allgemeinen Konzilien» die Repräsentanz der Regionen in der Entwicklung der Geschäftsordnung der Konzilien vom 13. bis 15. Jahrhundert nach. Dabei zeigt sich, dass sich die Geschäftsordnung im Ablauf der Zeit zunehmend komplizierte. Das Bewusstsein der Schwierigkeiten der Aufgabe, eine Ausdifferenzierung und Institutionalisierung herzustellen, wurde im Laufe der Zeit immer deutlicher. Die weiteren Beiträge des Bandes führen aus dem geistlichen in den weltlichen Raum. Dietrich Lohrmann stellt das Phänomen Raum in «Enquêten der königlichen Verwaltung Frankreichs im 13. Jahrhundert» vor. Diese Enquêten dienten der Ermittlung der königlichen Rechte und der räumlichen Durchdringung der Gebiete durch die königlichen Beamten unter Philipp II. August und Ludwig IX. Peter Stabel geht auf die Urbanisierung und ihre Konsequenzen im spätmittelalterlichen Flandern ein. Martina Stercken zeigt die Genese städtischer Kleinformen im Rahmen des habsburgischen Landesausbaus auf dem Gebiet der Alten Eidgenossenschaft. Die Genese der Kleinstädte ging dabei mit der Territorialbildung Hand in Hand. Dieser Beitrag des Bandes ist für die heutige Schweiz der wichtigste. Heinz-Dieter Heimann verdeutlicht die Räume und Routen in Mitteleuropa durch die Kommunikationspraxis des städtischen Botenwesens und der Entwicklung der Verkehrsrouten. Ulrich Andermann stellt das geographische Wissen und die humanistische Geschichtsschreibung am Beispiel des Gelehren Albert Krautz vor, der in Hamburg 1448 geboren wurde und über Studium und Dozententätigkeit an der Universität Rostock 1493 als Domlektor nach Hamburg zurückkehrte und dort 1517 als Dekan des Domkapitels starb. Krautz hielt am kanonisierten Bildungsgut seiner Zeit fest, was ihn nicht zu einem fortschrittlich-innovativen Wissenschaftler werden liess. Geschichte und Geographie sind ineinandergreifende Kräfte des europäischen Mittelalters, wie der vorliegende Band durch seine Beiträge bewiesen hat. Es ist dabei dem Herausgeber auch gelungen, einen wertvollen Beitrag für die mittelalterliche Forschung insgesamt zu leisten.

Zitierweise:
Immo Eberl: Rezension zu: Raumerfassung und Raumbewusstsein im späteren Mittelalter. Hg. von Peter Moraw (Vorträge und Forschungen, Band 49). Stuttgart, Jan Thorbecke Verlag, 2002. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 3, 2004, S. 341-342.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 54 Nr. 3, 2004, S. 341-342.

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